Fraunhofer-Projekt „CorASiV“ unterstützt mit neuer Software die Erfassung von Infektionsketten

Die Fraunhofer-Institute IGD und IOSB visualisieren Infektionsdaten mit Fokus auf Ansteckungsräume und -zeiten.

Fraunhofer-Projekt "CorASiV" unterstützt mit neuer Software die Erfassung von Infektionsketten

(M) Eine visuelle Aufbereitung der Covid-19-Daten unterstützt Gesundheitsämter. (Bildquelle: Fraunhofer IGD – Tine Casper)

Nach dem rasanten Anstieg von COVID-19 in den letzten Wochen warnen Ärzte, Politik und die Gesundheitsämter eindringlich vor einer nicht kontrollierbaren Ausbreitung des Virus und den Folgen eines zweiten Lockdowns. Weder politisch-wirtschaftlich noch medizinisch sind die Folgen absehbar. Die Bundesregierung wiederholt deshalb ihre dringende Mahnung von Mitte April, das Hauptaugenmerk auf die Verbreitungs- und Ansteckungszusammenhänge zu legen. Genau an dieser zentralen Stelle setzen das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD und das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB an und bieten Lösungen.

Das Gemeinschaftsprojekt „CorASiV“, an dem auch die Fraunhofer-Institute IAIS, IME, ITWM und MEVIS beteiligt sind, ermöglicht eine schnelle visuelle Aufbereitung der Daten von an COVID-19 Erkrankten und ihren Kontaktpersonen und stellt den Gesundheitsämtern damit Technologien zur Verfügung, die effektiv und umfassend die Krankheitsbewegungen im Einzugsgebiet des jeweiligen Amtsbezirks darstellen. Die Fallzahlen in Deutschland schnellen seit Kurzem wieder nach oben, viele Städte und Regionen wurden als Risikogebiet eingestuft. Die Gesundheitsämter sind seit Ausbruch des neuen Coronavirus mit einer Fülle von Daten konfrontiert, die sie eingeben, abgleichen, zusammenführen und wieder abrufen müssen, doch sie sind weder softwaretechnisch noch personell dafür aufgestellt: Ein Beschäftigter des Gesundheitsamtes muss im bestehenden Computersystem, unter teilweise manuellem Zusatzaufwand, nach Daten suchen oder Listen vergleichen, um bestimmte Personen und deren Kontakte zu finden und diese in Relation zu setzen. Zusätzlich zum sowieso schon bestehenden Personalmangel nehmen solche aufwändigen Prozesse viel dringend benötigte Arbeitszeit von Mitarbeitenden und Ärzten in Anspruch.

Pionierarbeit zur Bekämpfung von SARS-CoV-2 und anderen Infektionskrankheiten

Die Technologien in „CorASiV“ bereiten die vom Gesundheitsamt eingegebenen Daten digital auf und visualisieren diese auf verschiedene Weisen. Dabei können nur Mitarbeitende des Gesundheitsamtes auf personenbezogene Daten zugreifen. Alle erfassten Personen werden mit ihrem Wohnort sowie ihrem aktuellen Infektionsstatus auf einer digitalen Karte angezeigt und das Gebiet des Gesundheitsamts nach möglichen örtlichen Zusammenhängen ausgewertet.

Mit einer zeitlich abhängigen Visualisierung des Infektionsgeschehens werden die Menschen identifiziert, die sich in ähnlichen Zeiträumen infiziert haben. Die Gesundheitsämter erhalten mit der Kartenvisualisierung per Tastendruck einen genaueren Überblick über die Infektionsausbreitung. Dies befähigt die Gesundheitsämter, die Infektionsprozesse besser kennenzulernen und ihre Maßnahmen zeitnah und gezielter darauf einzustellen.

„CorASiV“ ist ein wichtiger Baustein im Gesamtpaket aller Eindämmungsmaßnahmen des Virus und für die Gesundheitsämter eine echte Hilfestellung. Dank der bereits vorhandenen Daten lassen sich Hotspots erkennen und neue Hypothesen über die Wirkungsweise von Covid-19 formulieren. Das System ist zudem erweiterbar, „man kann das Bild noch feiner aufgliedern“, sagt Prof. Dr.-Ing. Jörn Kohlhammer, zuständig für Informationsvisualisierung und Visual Analytics am Fraunhofer IGD in Darmstadt. „Forschungstechnisch hat das großes Potential – auch für weitere Projekte mit Gesundheitsämtern – und ist übertragbar auf andere Infektionskrankheiten.“ Denn neben SARS-CoV-2 zirkulieren auch weiterhin potenziell bedrohliche Viren unter der Bevölkerung. Eine Vision wäre, das System auf ganz Deutschland auszuweiten. Der Datenschutz ist gewährleistet, da die Daten das Netzwerk des jeweiligen Gesundheitsamtes nicht verlassen.

Das neue Softwareangebot der Fraunhofer-Institute entlastet dort, wo digitale Lösungen am besten greifen: beim Umgang mit riesigen, unüberschaubaren Datenmengen. Die Gesundheitsämter profitieren vor allem durch die enorme Zeitersparnis, die mit der Nutzung der speziell entwickelten Werkzeuge einhergeht.

Die Fraunhofer-Gesellschaft unterstützt im Rahmen ihres Programmes „Fraunhofer vs. Corona“ die Gesundheitsämter bei der Aufgabe, die Coronakrise zu meistern. Die Gesundheitsämter stehen vor der Herausforderung, verfügbare Informationen über die Ausbreitung von COVID-19 nachzuverfolgen, bereitzustellen und dies mit weiteren Datenquellen zu analysieren. Um die Gesundheitsämter zu unterstützen, haben sich mehrere Fraunhofer-Institute zusammengetan. Das Konsortium bündelt so Kompetenzen aus der Medizin, Datenanalyse, Simulation und Visualisierung.

#WeKnowSolutions

Im Rahmen der digitalen Messe der Fraunhofer-Institute #WeKnowSolutions vom 26. bis 29. Oktober 2020 zu den Themen „Gesundheit. Digitale Wirtschaft. Anlagen- und Maschinenbau. Mobilität“ wird das Tool „CorASiV“ präsentiert und vorgestellt: am Mittwoch, 28.10.2020 beim 3. Thementag (Gesundheitswirtschaft – Medizinische Verfahren neu denken).

Weiterführende Informationen:

– Informationen zum Vortrag auf den Fraunhofer Solution Days: www.igd.fraunhofer.de/veranstaltungen/fraunhofer-solution-days-2020

– Mehr über die Visual-Analytics-Entwicklungen im Zuammenhang mit Covid-19 am Fraunhofer IGD: www.igd.fraunhofer.de/projekte/visual-analytics-fuer-covid-19

FraunhoferSolution Days – Thementag Gesundheitswirtschaft

28. Oktober 2020 – Vortrag: 10.30 Uhr

www.fraunhofer.de/solutiondays

Bildquelle: Fraunhofer IGD – Tine Casper

Das 1987 gegründete Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD ist die international führende Einrichtung für angewandte Forschung im Visual Computing, der bild- und modellbasierten Informatik. Wir verwandeln Informationen in Bilder und Bilder in Informationen. Stichworte sind Mensch-Maschine-Interaktion, Virtual und Augmented Reality, künstliche Intelligenz, interaktive Simulation, Modellbildung sowie 3D-Druck und 3D-Scanning. Rund 180 Forscherinnen und Forscher entwickeln an den drei Standorten Darmstadt, Rostock und Kiel neue technologische Anwendungslösungen und Prototypen für die Industrie 4.0, das digitale Gesundheitswesen und die „Smart City“. Durch die Zusammenarbeit mit den Schwester-Instituten in Graz und Singapur entfalten diese auch internationale Relevanz. Mit einem jährlichen Forschungsvolumen von 21 Mio. Euro unterstützen wir durch angewandte Forschung die strategische Entwicklung von Industrie und Wirtschaft.

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